Dienstag, 2. August 2011

Rezension: Cornelia Funke - Geisterritter

Titel: Geisterritter
Autorin: Cornelia Funke
Genre: Kinder-/Jugendbuch (ab 10 Jahren)
Verlag: Cecilie Dressler Verlag
ISBN: 978-3-7915-0479-7
Gebunden, 256 Seiten
Preis: 16,95 €
Bezugsquelle: Cecilie Dressler Verlag
Leseprobe, Buchspecial

Jon Whitcroft hat es schwer. Seine Mutter und ihr neuer Freund schicken ihn aufs Internat nach Salisbury. Strömender Regen, dunkle Gemäuer, enge Flure, fremde Gesichter und ein Zimmer, das er sich mit zwei Mitschülern teilen muss. Jon ahnt nicht, dass dies bald seine geringsten Sorgen sein werden. Denn in seiner sechsten Nacht im Internat erscheinen plötzlich drei Geister unter dem Fenster seines Zimmers und starren zu ihm herauf. Zum Glück gibt es jemanden in Salisbury, der sich bestens mit Geistern auskennt.
Zur Autorin:
Cornelia Funke ist die international erfolgreichste und bekannteste deutsche Kinderbuchautorin. Heute lebt sie in Los Angeles, Kalifornien, doch ihre Karriere als Autorin und Illustratorin begann in Hamburg. Nach einer Ausbildung zur Diplom-Pädagogin und einem anschließenden Grafik-Studium arbeitete sie als freischaffende Kinderbuchillustratorin. Da ihr die Geschichten, die sie bebilderte, nicht immer gefielen, fing sie selbst an zu schreiben. Zu ihren großen Erfolgen zählen Drachenreiter, die Reihe Die Wilden Hühner und Herr der Diebe, mit dem sich Cornelia Funke international durchsetzte. Mit der Tintenwelt-Trilogie stürmte sie weltweit die Bestsellerlisten. Ihr letzter Roman Reckless - Steinernes Fleisch ist im Herbst 2010 im Dressler Verlag erschienen. Über 50 Bücher hat Cornelia Funke mittlerweile geschrieben, die in mehr als 40 Sprachen erschienen sind. Zahlreiche Titel wie z.B. Hände weg von Mississippi, Herr der Diebe und Tintenherz wurden verfilmt. Aber auch in Preisen und zahlreichen Auszeichnungen spiegeln sich ihre Beliebtheit und ihr Einfluss wider.

Zum Illustrator:
Friedrich Hechelmann wurde 1948 geboren. Er studierte an der Akademie der Bildenden Künste in Wien und lebt seit 1973 als Maler, Illustrator und Filmemacher in Isny im Allgäu. Bereits 1972 illustrierte Friedrich Hechelmann sein erstes Märchenbuch Zwerg Nase. Dem folgten zahlreiche Buchillustrationen, Filmproduktionen, Ausstellungen, Bühnenbilder und Bühnenausstattungen sowie Publikationen im In- und Ausland. Geisterritter ist das erste Buch von Cornelia Funke, das Friedrich Hechelmann illustriert.

Rezension:
Der 11-jährige Jon Whitcroft ist am Boden zerstört, denn er soll, den Wünschen seiner Mutter entsprechend, auf ein Internat nach Salisbury gehen, da er sich absolut nicht mit dem neuen Freund seiner Mutter, von ihm nur "der Vollbart" genannt, versteht. Kaum dort angekommen, erscheinen ihm drei Geister, die sich des Nachts auf Pferden vor seinem Fenster versammeln und ihn beobachten. Nur leider ist Jon der Einzige, der sie sehen kann, seine beiden Zimmergenossen Angus und Stu bekommen davon nichts mit.

Bald schon wird Jon klar, dass die Geister es auf ihn abgesehen haben. Zusammen mit seiner neu gewonnenen Freundin Ella und deren Großmutter Zelda, die sich sehr für Geister und Gespenster interessiert und vieles über sie weiß, macht sich Jon auf, das Geheimnis zu erkunden. Warum genau sind die Geister hinter ihm her? Und was hat es mit dem sagenumwobenen Ritter William Longspee auf sich, der ihm angeblich helfen kann, der aber auch bereits seit Jahrhunderten tot ist?

Mit "Geisterritter" ist Cornelia Funke wieder einmal ein wunderbares und zauberhaftes Kinderbuch gelungen, das mit ihrer letzten Veröffentlichung "Reckless" rein gar nichts gemein hat und das mir im Übrigen auch nicht sehr gut gefallen hatte. Doch "Geisterritter" vermochte mich genauso zu begeistern, wie es schon die "Tintenwelt"-Trilogie geschafft hat.

Jon, der 11-jährige Protagonist des Romans, war mir von Anfang an sympathisch. Für sein Alter hat er bereits auf der einen Seite schon recht erwachsene Ansichten, ist aber auf der anderen Seite auch noch Kind. Seine anfängliche Angst vor den mysteriösen Geistern ist gut nachvollziehbar, doch durch die Freundschaft zu Ella und deren Großmutter, die ihm mit Rat und Tat zur Seite stehen, entwickelt er sich während der Handlung zu einem doch unerschrockenen Charakter.

Ella und ihre Großmutter waren meine Lieblingscharaktere. Ella ist ein starkes Mädchen, das vor nichts Angst zu haben scheint und im Umgang mit Geistern eine regelrechte Abgebrühtheit an den Tag legt. Zelda hingegen ist ein eher skurriler und schrulliger Charakter und sorgt für einige humorige Szenen, die die Geschichte auflockern.

Cornelia Funke stellt in "Geisterritter" dar, wie wichtig Freundschaften und auch der Zusammenhalt von Freunden und innerhalb der Familie sind. Etwas gestört hat mich allerdings, dass das Buch von dem erwachsenen Jon erzählt wird (wie man an vielen Stellen heraushört), aber nicht näher erwähnt wird, wie alt er mittlerweile ist und wie es mit seiner Freundschaft zu Ella, die zwar platonisch bleibt, für die er aber doch etwas mehr zu empfinden scheint, weiterging.

Als gelungen empfand ich, dass sich Cornelia Funke nicht nur an fiktiven Personen bedient, sondern auch Charaktere miteingeflochten hat, die real existiert haben. Auch die Orte, die in der Erzählung vorkommen, existieren wirklich. Dies kann man im beigefügten Glossar nachlesen, das nochmals die vorkommenden Personen, Orte und spezielle Begriffe näher beleuchtet. Sehr erwähnenswert sind auch die grandiosen farbigen Illustrationen von Friedrich Hechelmann. Diese ziehen sich durch die ganze Geschichte, manchmal einseitig, manchmal doppelseitig und obendrein jeweils zum Kapitelanfang als kleinerer Bildausschnitt.

Mit "Geisterritter" ist Cornelia Funke abermals ein Kinderbuch gelungen, dass nicht nur Leser ab 10 Jahren begeistern wird. Auch als Erwachsener wird man von dieser Geschichte genauso bezaubert sein!

Zur Gestaltung des Buchs: Das in verschiedenen Blautönen gehaltene Cover ziert eine Illustration von Friedrich Hechelmann, in der man Jon und den Geist des William Longspee in der Kathedrale sieht.

Fazit: "Geisterritter" hat alles, was ein Kinderbuch braucht - eine spannende Abenteuergeschichte, in der Gespenster die Hauptrolle spielen und die Botschaft, wie wichtig Freundschaft und auch die Familie sind, unterstützt von wundervollen Illustrationen, die die Geschichte noch untermauern. Absolut empfehlenswert, nicht nur für Kinder!

3 Kommentare:

  1. Als Du von Jon als dem "11-jährigen Protagonisten" anfingst zu schreiben, der "für sein Alter bereits (...) recht erwachsene Ansichten hat" und "sich während der Handlung zu einem doch unerschrockenen Charakter entwickelt", fing ich schon an, an mir zu zweifeln. Zum Glück zeigte sich dann doch, dass Dir dasselbe aufgefallen ist wie mir anhand der Leseprobe zu "Geisterritter": "dass das Buch von dem erwachsenen Jon erzählt wird (wie man an vielen Stellen heraushört), aber nicht näher erwähnt wird, wie alt er mittlerweile ist". Dass man, wie auch Du vermutest, wohl davon ausgehen kann, dass der erzählende Jon bereits erwachsen ist, wäre ja kein Problem, wenn die Erzählperspektive im Roman in einem zweiten Abschnitt oder im Schlusskapitel zu diesem erwachsenen Jon wechseln und das eigentliche Spannungselement des Romans aus seiner Perspektive entwickelt werden würde. Mir schwante allerdings schon anhand der Leseprobe, dass all diese Erwähnungen (wie etwa "Ich erinnere mich heute noch an die Angst. Ich werde mich immer erinnern.") bloß ein missglücktes Stilmittel sind - und jede Spannung schlicht dadurch zerstören, als natürlich alle noch so tödlichen Gefahren, in die der 11-jährige Jon geraten könnte, dadurch, dass er sie logischerweise alle überlebt haben muss, um seine Erinnerungen zur Erzählzeit niederschreiben zu können, sich als längst vergangen und somit völlig unspektakulär offenbaren und natürlich gar keine Gefahren mehr darstellen. Diese Ahnung, der diesen Eindruck bestärkende Blick ins Buch und schließlich die Bestätigung meiner Ahnung durch Deine Rezension, also ganz ehrlich, das alles stört mich nicht nur ein wenig -- das ist für mich ein glasklares KO-Kriterium für die "Geisterritter"!
    (Der Link ist mein Blog-Beitrag zur "Geisterritter"-Leseprobe!)

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  2. Ich habe vor kurzem auch "Geisterritter" auch gelesen und mir hat es auch gut gefallen. Auch bei mir war es ein Wermutstropfen, dass man nicht erfährt, was aus Jon und Ella am Ende geworden ist.
    (Ich habe aber gefunden, wie alt der erzählende Jon etwa ist . . . Auf der Seite 11 (letzter Satz) steht: "Inzwischen ist das mehr als acht Jahre her . . . ". So nehme ich also an, dass er zwischen 19 und 20 Jahre alt ist.)

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  3. @Favola: Danke für deine Info, diesen Fakt muss ich wohl überlesen haben, werde ich aber nochmal nachschlagen :)

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