Freitag, 20. Juli 2012

Rezension: David Bielmann - Flucht eines Toten


Titel: Flucht eines Toten
Autor: David Bielmann
Genre: Belletristik, Zeitgenössisches
Verlag: WOA (06.07.2011)
ISBN: 978-3-9523657-2-4
Klappenbroschur, 256 Seiten
Preis: 19,90 €
Bezugsquelle: David Bielmann
Albert Leblanc führt ein trostloses Leben als Koch in der verrauchten Dorfbeiz von Rechthalten. Ständig wird er vom Wirt erniedrigt und von betrunkenen Gästen verhöhnt, Anerkennung erhält er kaum. Die wenigen Freuden in seinem Alltag sind das Gitarrenspiel, der Absinth - und die Serviertochter Mona, die ihm als einzige etwas Sympathie entgegenbringt. In einsamen Momenten hängt er immer öfter morbiden Gedanken nach. Er beschließt, in vier Tagen all den Bosheiten ein Ende zu setzen. Albert macht sich an sein schauriges Werk...Ob sich heute in Rechthalten noch jemand an Albert Leblanc zu erinnern vermag? Wer seinerzeit regelmäßig in die Wirtschaft pilgerte, wird sich womöglich noch ein Bild seiner schmächtigen Gestalt machen können. Es würde allerdings nicht erstaunen, wenn er vollends in Vergessenheit geraten wäre. Dies ist seine so verwegene wie tragische Geschichte.
Zum Autor:
David Bielmann, geboren 1984, lebt in Rechthalten. Er studierte Germanistik und Geschichte an der Universität Freiburg/Schweiz und unterrichtet an der Berufsfachschule Technik und Kunst in Freiburg.

Rezension:
Die Schweiz im Jahr 1967: In dem kleinen Ort Rechthalten arbeitet Albert Leblanc als Koch in einem Gasthaus. Der 27-jährige wird allerdings von jedem im Ort gehänselt und nicht ganz für voll genommen. Trost findet er nur bei seiner Gitarre und dem Alkohol. Einzig die Serviererin Mona hält zu ihm, in die Albert heimlich verliebt ist.

Als ihm der Spott der Mitbürger zuviel wird, beschließt Albert, seinem Leben ein Ende zu setzen. Doch dies gestaltet sich schwieriger als erwartet, und Albert findet sich bald auf der Flucht vor seinem eigenen Tod wieder...

Mit Flucht eines Toten ist dem Jungautor David Bielmann ein beeindruckendes und nachdenklich machendes Debüt gelungen. Gekonnt schildert er das Seelenleben des Albert Leblanc, der in seinem bisherigen Leben noch nichts Schönes erfahren durfte.

Man leidet automatisch mit ihm mit, wenn er von seinem Chef und den Wirtshausbesuchern öffentlich verhöhnt wird und kann durchaus verstehen, dass ihm diese Verspottungen so über den Kopf wachsen, dass er keine andere Möglichkeit mehr sieht, als den Freitod zu wählen.

Zwar hört sich die Handlung tragisch an, doch David Bielmann versteht es auch, hin und wieder etwas Humor und Sarkasmus mit in die Geschichte einfließen zu lassen. Und auch ein paar Lichtblicke darf Albert erleben: Im Zusammenspiel mit seiner Gitarre ist er ein wahrer Virtuose, der dadurch alles andere um sich herum vergisst und auch die heimliche Liebe zu Mona baut ihn sehr auf, die ihn hin und wieder in seinem Plan schwanken lässt.

Als gut geschildert und beschrieben empfand ich die Szenen, die sich nach Alberts Tod in Rechthalten abspielen. Mona hält allen Leuten, die Albert zeitlebens verspottet haben, den Spiegel vor und bei seiner Beerdigung wird manchen bewusst, wie schwer es Albert im Leben hatte und dass die Bewohner daran nicht ganz unschuldig waren.

Flucht eines Toten ist ein tragisches Beispiel dafür, wie sehr ein Mensch unter der Gehässigkeit und Gemeinheit seiner Umgebung leiden kann und welche Konsequenzen daraus entstehen können. In eindringlicher Sprache, die den 1960er Jahren durchaus angepasst ist, beschreibt David Bielmann den mitleidenswerten Charakter des Albert Leblanc, für den der Leser einfach nur Sympathie entgegenbringen muss.

Fazit: Mit Flucht eines Toten gelingt dem Jungautor David Bielmann ein bemerkenswertes und eindringliches Debüt, das dank seiner bildhaften Sprache und seines außergewöhnlichen Protagonisten zu überzeugen weiß.

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